Glaubenssätze auflösen: Geschichte vom schrägen Haus
Wenn wir negative Glaubenssätze auflösen, ist das oft der Startschuss in ein zweites Leben. Vielleicht denkst du jetzt: Ach, sowas hab ich nicht. Und da bist du in guter Gesellschaft, denn meist sind wir uns gar nicht bewusst, dass wir so etwas Einschränkendes überhaupt mit uns herumschleppen. Und doch ist das fast bei jedem der Fall. Bei einem mehr, beim anderen weniger. Denkmuster und Glaubenssätze bekommen viele schon in der Kindheit mit auf den Weg – meist nicht einmal in böser Absicht. Und doch hängen einige davon uns im Laufe des Lebens wie ein Mühlstein um den Hals und halten uns davon ab, erfolgreich und glücklich zu sein. Manchmal braucht es nur einen kleinen Moment, einen Riss in der Fassade, um zu merken: Irgendwas stimmt hier nicht. So wie bei Harry und seinem ziemlich schrägen Haus in dieser Nachdenkgeschichte.
„Ob du denkst, du kannst es oder du kannst es nicht – du wirst auf jeden Fall recht behalten.“
– Henry Ford (US-amerikanischer Erfinder und Automobilpionier, 1863 – 1947)
Das schräge Haus (Geschichte zum Nachdenken über Glaubenssätze)
Als Harry sich zum dritten Mal an diesem Morgen den Kopf stieß, fluchte er leise und rieb sich die Stirn. Die schiefe Tür erwischte ihn am häufigsten, doch eigentlich war alles an seinem Haus schräg: die Wände, die Fenster, sogar die Schränke, in denen Tassen ständig gegeneinanderstießen und klirrten, wenn jemand über die Dielen ging. Setzte der Kaffeebecher sich auf dem Tisch wieder mal in Bewegung, fing Harry in meist mit geübtem Griff auf, ohne es wirklich wahrzunehmen. Niemand in seinem Viertel fand das seltsam, da viele Häuser irgendwie krumm gebaut waren. Die meisten zuckten mit den Schultern und meinten, das gehöre eben dazu. Harry lebte schon immer hier und war daran gewöhnt, sich zu bücken, den Kopf einzuziehen, schräg zu schlafen. Dass manche Dorfbewohner in geraden Häusern lebten, kam ihm zwar hin und wieder seltsam und auch etwas ungerecht vor, doch gab es halt Menschen die mehr Glück hatten als andere. Was sollte er dagegen schon tun? Doch an diesem Morgen, stand er mit pochender Stirn in seiner Küche und fragte sich, warum seine Umgebung es ihm jeden Tag so schwer machte. Da entdeckte er plötzlich zu allem Überfluss auch noch einen Riss in der Wand.
Risse erkennen, Glaubenssätze auflösen
Harry trat näher an die Wand heran. Die feine Beschädigung zog sich vom Fensterrahmen bis zur Ecke der Küchenzeile. Er fuhr mit dem Daumen darüber, wobei der Putz ein klein wenig abbröckelte. „Na super“, murmelte er, „das hat mir gerade noch gefehlt.“ Seine Worte hingen wie Nebel in der Luft, als ihm bewusst wurde, wie still es war. Kein Radio, kein Vogelgezwitscher, nicht einmal das Summen des Kühlschranks. Nur er und dieser Riss. Je länger er hinsah, desto klarer wurde ihm, dass es so nicht weitergehen konnte. Er setzte sich auf den wackeligen Küchenstuhl, die Ellbogen auf die Knie gestützt, und starrte ins Leere. Die üblichen Gedanken schossen ihm durch den Kopf: „Ich bin halt nicht der Typ, der sich beschwert. Ich komme schon irgendwie klar.“ Ein Satz, der sich immer wieder in seinen Gedanken drehte wie eine alte Platte mit einem Sprung. Er hatte sie nie bewusst gewählt. Sie war einfach da gewesen, genauso wie das schräge Haus. Was, wenn dieser Riss nicht nur in der Wand war, sondern mitten durch das ging, was er immer für normal gehalten hatte?

Ein Leben lang passte Harry sich an die Schieflage seines Hauses an, bis er begann, hinzuschauen. Glaubenssätze auflösen heißt oft, das eigene Fundament zu hinterfragen und gegebenenfalls zu ersetzen. Foto: Freepik / KI
Glaubenssätze auflösen, statt sich damit abzufinden
Noch am selben Nachmittag schleppte Harry aus dem Schuppen seine Werkzeugkiste heran und einen Rest Spachtelmasse, die zwar alt war, aber vielleicht trotzdem noch brauchbar. Er drückte sie in die beschädigte Stelle, strich sie glatt und machte dann einen Schritt zurück, um sein Werk zu begutachten. Für einen Moment wirkte alles besser. Aber nur kurz. Noch bevor die Masse ganz trocken war, knackte es leise und ein neuer Riss zog sich einige Zentimeter weiter unten durch den Putz. Harry starrte ihn an. „Das bringt doch alles nix“, murmelte er schließlich. Dann ballte er die Faust und rief lauter: „Ich hab doch gar nichts falsch gemacht! Warum muss um mich rum alles schief und krumm sein?“ Er legte den Spachtel beiseite, wobei sein Blick auf den ständig kippelnden Stuhl und die abgestützte Obstschale im schrägen Regal fiel. Auf einmal sah er nicht mehr nur Macken, sondern ein ganzes Leben voller Behelfslösungen. Er hatte immer versucht, das Offensichtliche zu überdecken, doch was, wenn genau das das eigentliche Problem war?
Negative Glaubenssätze erkennen und auflösen
Inzwischen war es spät am Nachmittag, das Licht weich und gedämpft. Harry trat hinaus auf die kleine Veranda, um den Kopf freizukriegen, aber der unebene Boden unter seinen Füßen erinnerte ihn unweigerlich daran, wie sehr ihn all das mittlerweile belastete. Er ließ sich auf die oberste Stufe sinken und vergrub das Gesicht in den Händen. Die Worte von vorhin hallten noch in ihm nach. Warum ist alles um mich herum so schief? Vielleicht, dachte er, war die bessere Frage: Warum habe ich es all die Jahre einfach hingenommen?
Plötzlich spürte er einen Lufthauch neben sich. Als Harry aufblickte, sah er die kleine Schwalbe Satori nur wenige Zentimeter entfernt auf den Bodenplanken sitzen. Harry lächelte. Das ganze Dorf kannte sie und jeder wusste: wenn sie erschien, stand ein Umbruch bevor. Für einen Moment saß Satori einfach nur da und sah ihn aus dunklen Knopfaugen heraus durchdringenden an. Dann pickte sie an einem kleinen losen Stück Holz, bis es nachgab und ein Loch im Verandaboden hinterließ. Sie blinzelte, schwang die Flügel und stieg wieder auf in die Luft. Harry runzelte die Stirn und warf einen Blick durch die Beschädigung. Dort unten waren morsche Balken, die das Haus offensichtlich trugen. Krumm, rissig, porös. Wie alt sie wohl schon waren? Und noch interessanter: wer hatte sie damals gesetzt? In seinem Magen zog sich etwas zusammen. Vielleicht war es an der Zeit, nicht nur Risse zu reparieren, sondern endlich zu schauen, was dem zugrunde lag.

Satori tauchte genau in dem Moment auf, als Harry begann, Dinge infrage zu stellen. Der Prozess beginnt oft durch leise Impulse, die Großes anstoßen. Wir müssen nur hinsehen. Foto: Freepik / KI
Alte Balken raus: neue Fundamente setzen
Am nächsten Morgen stand Harry früh auf. Es war noch kühl, der Tau glitzerte auf dem Gras. Er zog sich Arbeitshandschuhe über und kroch unter die Veranda. Zwischen Spinnweben, Staub und Holzsplittern begann er, die Balken genauer zu untersuchen. Sie waren nicht einfach nur alt, sondern teils sogar aus Reststücken zusammengenagelt, ungleich lang und falsch ausgerichtet. „Kein Wunder, dass das da oben so aussieht, wenn’s hier unten schon nicht passt“, sagte Harry zu sich selbst und klopfte mit der Faust leicht gegen einen der Träger. Er hatte nichts davon selbst gebaut. Die Fundamente waren dagewesen, seit er denken konnte. Wahrscheinlich hatte sein Vater sie gesetzt. Oder der Großvater. Und er hatte nie gefragt, nie geprüft oder überlegt, ob sie überhaupt zu ihm und seiner Lebensweise passten.
Er begann, den ersten Balken zu lockern und durch einen neuen zu ersetzen. Manche ließen sich leicht entfernen. Andere widersetzten sich, knackten und splitterten, als wollten sie unbedingt bleiben. Und mit jedem Balken, den er ersetzte, wuchs der Gedanke: Ich darf selbst entscheiden, worauf ich zukünftig stehe. Er baute neu. Langsam. Sorgfältig. Gerade. Die Arbeit war anstrengend, aber sie tat ihm gut. Nicht, weil alles sofort mit einem Schlag besser wurde, sondern weil er das erste Mal die Macht verspürte, die Umstände so zu verändern, dass sie seine Lebensqualität verbesserten.
Hinterfragen, erkennen, austauschen
Harrys Haus stand noch immer nicht perfekt gerade. Der Boden quietschte an bestimmten Stellen wie eh und je, aber die Tür ging reibungslos auf und zum ersten Mal seit Jahren stieß er sich morgens nicht den Kopf, wenn er die Küche betrat. Es hatte sich gelohnt, aus dem Kreislauf des Hinnehmens auszubrechen und vermeintlich gegebene Dinge infrage zu stellen. Glaubenssätze auflösen heißt nicht, das ganze Leben von heute auf morgen umzuschmeißen. Es bedeutet, genau hinzusehen, welche Denkmuster dich im Leben ausbremsen und runterziehen. Welche Überzeugungen dich davon abhalten, glücklich zu sein, dir Ziele zu setzen und sie motiviert zu verfolgen.
Wenn in dir sofort negative Gedanken hochkommen, sobald du Pläne machst oder über deine Möglichkeiten und die Zukunft nachdenkst, ist vielleicht auch in deinem Leben der ein oder andere „Balken“ morsch, der darauf wartet, dass du ihn entdeckst und austauschst. Denn dein Leben sollte kein Ort sein, an dem du dich ständig bücken musst. Es sollte ein Platz sein, an dem du dich gefahrlos und möglichst frei bewegen kannst.

Warte nicht so lange, bis erste Risse in dir entstehen. Hinterfrage deine negativen Glaubenssätze frühzeitig und arbeite daran, sie zu ersetzen. Foto: Freepik
Glaubenssätze auflösen durch Zukunftsumkehr (Coachingtool)
Ein festgefahrener Glaubenssatz lässt sich zum Beispiel durch bewusstes Erleben seines Gegenteils aufweichen, schließlich auflösen und durch einen positiven ersetzen. Dabei gehst du in vier Schritten vor.
Schritt 1
Finde den Glaubenssatz, der dir persönlich am meisten im Weg steht und dich von der Zielerreichung und einem zufriedenen Leben abhält. Hier die Top 10 der häufigsten Glaubensmuster. Lies sie dir in Ruhe durch und sei ehrlich zu dir selbst: Welches springt dich am meisten an? Worin erkennst du dich wieder? In welchen Situationen kommt dir dieser Gedanke? Schreibe den Satz auf. Formuliere ihn ruhig um, damit er genau so ist, wie er dir durch den Kopf geht.
1. Ich krieg das eh nicht hin / Ich mache sowieso wieder alles falsch.
2. Ich darf keine Fehler machen, sonst denkt man, ich bin unfähig.
3. Ich will keinen enttäuschen, also sag ich lieber gleich ja.
4. Andere sind einfach besser, ich kann da nicht mithalten.
5. Ich bin halt so, das wird sich nie ändern.
6. Ich darf nicht auffallen, sonst sieht man meine Fehler.
7. Ich habe besser keine Erwartungen, dann kann ich auch nicht enttäuscht werden.
8. Ich muss das allein schaffen, sonst bin ich schwach.
9. Geld verdirbt ohnehin den Charakter, also ist es nicht so schlimm, wenn ich keins hab.
10. Ich bin einfach nicht der Typ, der gut mit Geld umgehen kann.
Schritt 2
Drehe deinen Glaubenssatz um. Formuliere nun das genaue Gegenteil des Glaubensmusters, das du loswerden willst. Aus „Andere sind einfach besser, ich kann da nicht mithalten.“ wird „Ich habe meine eigene Stärke, die ich nutzen kann.“ Streiche den alten Satz durch und schreibe den neuen in der Ich-Form auf. In diesem Fall überlege zudem, was deine allgemeinen Stärken sind. Sie müssen nichts mit dem eigentlichen Thema zu tun haben, bei dem du glaubst, dass andere darin besser sind. Nun überlege, wie du diese Stärken in deiner aktuellen Situation einbringen könntest. So entstehen oft ganz neue Wege. Beispiel: Bisher habe ich mich im Projekt auf der Arbeit kaum eingebracht, weil mein Kollege in der Zahlenanalyse viel fitter ist als ich. Das kann ich ohnehin nicht schlagen, also habe ich mich zurückgehalten und nutzlos gefühlt. Jetzt wird mir klar: Ich kann komplexe Themen gut in klare Worte fassen und finde schnell den roten Faden. Deshalb unterstütze ich das Team nun, indem ich seine Analysen in für alle verständliche Handlungsschritte übersetze.
Schritt 3
Spiele den Alltag im Kopf mit dem neuen Glaubenssatz durch. Jetzt die eigentliche „Magie“. Suche dir ein ruhiges Plätzchen, mache die Augen zu und stelle dir vor, du wachst morgen früh auf und das neue Denken ist wie durch ein Wunder Realität geworden. Wie würdest du dich fühlen? Wie würdest du dich kleiden, sprechen, bewegen? Was würdest du tun oder lassen, was bisher nicht so war? Wie würdest du auf dein Umfeld reagieren und die Menschen auf dich? Welche Entscheidung würdest du heute anders treffen?
Lasse das Ganze wie ein Film vor deinem inneren Auge ablaufen. Hier kommt es auf die ständige Wiederholung an, um deine Denkmuster quasi umzuprogrammieren. Führe Schritt 3 so oft durch, wie du kannst, und stelle dir die veränderte Zukunft so realistisch wie möglich vor und beziehe mehrere Sinne mit ein (hören, sehen, fühlen, riechen). Wenn du mehr dazu wissen möchtest, schau dir mal meinen Blog-Artikel Die Wunderfrage als Problemlöser an.
Schritt 4
Nun kommt der Realitätscheck. Was hat sich in deiner Vorstellung verändert? Welchen kleinen Schritt könntest du heute schon in diese Richtung gehen?
Warum das funktioniert, wenn du es oft genug durchführst und dich wirklich drauf einlässt? Weil es dich vom reinen Denken ins Fühlen und Handeln bringt. Statt dich einfach mit dem alten Satz zu identifizieren und abzufinden, erlebst du innerlich eine neue Version von dir selbst. Das ist erstens die Grundlage, die einen echten Wandel überhaupt erst möglich macht. Und zweitens ist alles, was du dir vorstellen kannst, auch möglich.

Lösen wir alte Gedankenmuster auf, entsteht Raum für etwas Neues. Foto: Freepik
Mein Fazit zu Glaubenssätzen
Ich mag an Harrys Geschichte am meisten, dass sie so ehrlich ist. Keine Heldentat, kein großes Drama, einfach ein Mensch, der irgendwann merkt, dass es so nicht weitergehen kann und sich fragt, was in seinem Leben eigentlich schief läuft. Und genau da beginnt Veränderung. Für mich zeigt die Story, wie leise und gleichzeitig kraftvoll der Moment sein kann, in dem wir unsere alten Überzeugungen zum ersten Mal wirklich auf den Prüfstand stellen. Glaubenssätze auflösen heißt nicht, dass wir sofort ein völlig neues Leben führen müssen, sondern, dass wir uns selbst einen Schubs geben, mal genauer hinzuschauen anstatt alles als gegeben und unveränderbar hinzunehmen.
Weitere Artikel und Geschichten über die Fremdbestimmung findest du hier.
Buch- und Filmtipp
„Das Kind in dir muss Heimat finden“ von Stefanie Stahl
Ein praxisnahes Buch über innere Überzeugungen, die aus der Kindheit stammen, und wie sie als Erwachsener zu blockierenden Mustern führen.
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Ein mathematisches Genie aus einfachen Verhältnissen glaubt, nicht gut genug zu sein – bis ein unkonventioneller Therapeut ihm hilft, seine tief sitzenden Überzeugungen loszulassen.
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