Der Brückenhund. Eine Nachdenkgeschichte.

Es gibt Entscheidungen die einfach sind. Ein Griff zur Jacke, ein Schritt aus der Haustür und ein kurzes „Ich geh dann mal“. Und dann gibt es solche, die uns erstarren lassen. Die so beängstigend wirken, als hätten sie das Gewicht von gestern und morgen zugleich auf unsere Schultern geladen. So geht es auch dem jungen Mann in dieser Nachdenkgeschichte, bis das Problem seines Freundes ihn dazu bringt, einmal genauer hinzuschauen.

Der Brückenhund. Eine Geschichte zum Nachdenken.

Die Sonne schien und der Morgennebel löste sich langsam auf, als der junge Mann vor der Holzbrücke stand, die sein Heimatdorf von der Stadt trennte. Er schluckte. Da war er wieder, dieser dunkle Schatten am anderen Ende zwischen den Bäumen. Reglos lag er dort auf der Lauer, der Brückenhund. Genau an der Stelle, wo er vorbei musste. Der Mann setzte vorsichtig einen Fuß auf das Holz, zog ihn dann aber schnell wieder zurück. Sein Atem formte kleine Wölkchen in der noch feuchten Luft. Er zog sein Handy aus der Tasche. Kein Empfang, wie immer in diesem Gebiet. Er fluchte leise, steckte es zurück und blickte auf den Weg, der den Fluss entlang führte. Dieser Pfad war viel länger, aber dafür ohne Schatten und ohne Herzklopfen.

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Wie Angstblockaden Chancen zerstören

Als der Mann schließlich verschwitzt und zu spät beim Verwaltungsgebäude ankam, wo sein Vorstellungsgespräch stattfinden sollte, hob die Frau am Empfang kaum den Blick. „Der nächste Bewerber ist schon drin. Tut mir leid“, sagte sie. Der Mann senkte den Kopf, atmete tief durch und machte sich auf den Heimweg.
Ein paar Tage später, stand er wieder vor der Brücke. Diesmal war es ein Treffen mit seiner Bekannten aus Schulzeiten, im Café zum alten Markt um 17 Uhr. Sie hatten sich sehr lange nicht gesehen. Er hatte seine beste Kleidung angezogen und warf einen Blick auf die Uhr. Sein Mut sank, denn die dunkle Hundegestalt wartete am gegenüberliegenden Ufer bereits auf ihn. Er ging drei Schritte vor. Sein Herz hämmerte, kalter Schweiß trat auf seine Stirn. Er presste die Lippen zusammen und entschied sich erneut für den Umweg, während die Zeit zerrann. Am Café angekommen erwartet ihn ein leerer Stuhl sowie ein halbvolles Glas und ein zerknüllter Kassenzettel auf dem Tisch.

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Betrachte die Angst aus den Augen anderer

Als der junge Mann am nächsten Abend vom Einkaufen nach Hause kam, saß sein Freund auf den Treppen vor der Wohnung. „Lief das Vorstellungsgespräch gut?“, fragte er.
Der Mann wich seinem Blick aus.
„Und das Treffen mit deiner Bekannten?“
Er räusperte sich, griff über seinen Freund hinweg und schloss die Haustür auf.
Der Freund seufzte. „Weißt du, ich muss morgen ins Nachbardorf“, sagte er dann. „Wirklich wichtig. Aber im Wald sollen neuerdings Füchse wohnen. Du weißt, ich hab Angst vor Füchsen. War schon zweimal da. Bin jedes Mal zurück.“
Der Mann ließ sich aufs Sofa fallen. „Was redest du da?“
„Ernsthaft“, erwiderte der Freund. „Was soll ich denn jetzt machen? Hast du nicht eine Idee?“
Er überlegte. „Du musst erst mal schauen, ob da wirklich etwas ist„, meinte er schließlich. „Vielleicht ist es nur ein Gerücht. Und außerdem sind Füchse scheu, sie werden dich in Ruhe lassen. Wenn du dich von jedem Schatten abhalten lässt, kommst du nie an.“
Der Freund lächelte und zog die Augenbrauen hoch. Seine Finger trommelten erwartungsvoll auf der Platte des Couchtischs.
Der junge Mann blinzelte und musste an seine eigene Lage denken.

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Am nächsten Morgen ging er entschlossen zur Brücke. Der Brückenhund erwartet ihn bereits. Der Mann atmete tief durch. Ein Schritt. Zwei. Das Holz knarzte unter seinen Füßen. Er war bereits mitten auf der Brücke angekommen und hörte immer noch kein Bellen. Der Hund stand weiterhin regungslos da und schien ihn anzustarren. Er ging weiter und da erkannte er es: Äste und Moos auf rissigem Stein. Kein Brückenhund, nur ein zerklüfteter Felsbrocken vom Wetter gezeichnet. Die Angst in seinem Kopf löste sich in dieser Sekunde in Luft auf. Er legte eine Hand auf den Stein und schwor sich, dass er sich von Schreckgespenstern seiner Gedanken zukünftig keine Chancen mehr entgehen lassen würde.

Aquarellbild eines Mannes, der am Anfang einer alten Holzbrücke steht und in Richtung eines schemenhaften Hundeschattens am anderen Ende blickt – Symbolbild für nicht reale Angst.

Oft wirken Schatten am Wegrand bedrohlicher, als sie wirklich sind. Wer genauer hinsieht, erkennt, dass viele Ängste nur Abbilder alter Geschichten sind. Foto: ChatGPT

Meine Gedanken zum Thema Angst und reale Gefahr

Manchmal erleben wir Angst, als wäre sie die Antwort auf eine reale akute Gefahr in diesem Moment, dabei entsteht sie ausschließlich in unserem Inneren. Also reagieren wir gar nicht auf etwas, das wirklich passiert, sondern auf übertragene Erinnerungen aus der Vergangenheit, mögliche Zukunftsszenarien und heraufbeschworene Bilder in unserem Kopf. Der Körper verhält sich dennoch, als wären wir tatsächlich in höchster Not: Das Herz schlägt schneller, der Atem wird flach, der Blick eng. Für unser Nervensystem macht es keinen Unterschied, ob etwas tatsächlich passiert oder wir es nur in Gedanken durchspielen. Genau das macht Angst so trügerisch.

Die Geschichte erinnert daran, wie wichtig es ist, genau hinzuschauen: Ist die Gefahr real oder nur das Echo aus gemachten Erfahrungen, erlernten Gedankenmustern und eingepflanzten Schreckgespenstern? Wenn wir erkennen, dass viele unserer Impulse nicht auf dem beruhen, was gerade wirklich ist, sondern auf dem, was unter Umständen sein könnte, gewinnen wir Handlungsspielraum. Und der erlaubt es uns, die Situation noch einmal genau unter die Lupe zu nehmen und die Angst infrage zu stellen. Bist du wirklich objektiv in Gefahr? Wenn nicht, ist es nur eine Angstblockade deiner eigenen Gedanken, die du durchbrechen kannst, wenn du es wirklich willst. Bereite dich vor und wage dann den ersten Schritt. Denn der Weg aus der Angst hinaus, führt immer durch die Angst hindurch. Viele sind unzufrieden mit ihrem Leben, zögern aber trotzdem, diesen Weg zu gehen. So lassen wir die meisten Chancen nicht liegen, weil sie nicht da sind, sondern weil wir uns mit unserer Angst im Gepäck selbst auf den Füßen stehen.

Tarot-Reflexion


Die Geschichte vom Brückenhund trägt die Energie der Tarotkarte „Neun der Schwerter“ in sich. Sie steht für innere Unruhe, belastende Gedanken und das Gefühl, von Sorgen überwältigt zu werden, auch wenn im Außen keine konkrete Gefahr besteht. Die „Neun der Schwerter“ erinnert dich daran, dass das menschliche Unterbewusstsein gerne eigenständig Angstszenarien heraufbeschwört, die bei näherem Hinsehen nicht real sind. Erkennst du das, kannst du ihnen die Bedrohlichkeit nehmen, indem du deine Gedankengänge für dich laut aussprichst und deren Wahrheitsgehalt aktiv hinterfragst.

Neun aufrecht stehende Schwerter mit goldenen Griffen. Ein lockeres Seil hält sie zusammen.

Diese Nachdenkgeschichte und die Tarotkarte „Neun der Schwerter“ laden dich ein, wenn die Angst in dir hochkommt, kurz innezuhalten und dich zu fragen: Was passiert da gerade mit mir? Wie fühlt es sich an und welche Gedankenspiralen in mir lösen das aus? Was glaube ich, kann passieren und wie wahrscheinlich ist das eigentlich?

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