Der Schneemann. Eine Wintergeschichte.

Wintergeschichte für Erwachsene zum Nachdenken über Verlust, Hoffnung und Verbundenheit

Manchmal begegnen wir im Leben jemandem, der uns ein Stück auf unserem Weg begleitet. Vielleicht nur für eine kurze Zeit, vielleicht auch länger. So geht es auch einem Mädchen in dieser winterlichen Nachdenkgeschichte, das in der Stille des Schnees eine besondere Freundschaft findet. Doch wie jede Begegnung, die uns berührt, steht auch hier die Frage im Raum, wie lange diese Verbindung wohl andauert und wie es danach weitergeht.

Der Schneemann. Eine Wintergeschichte zum Nachdenken.

Es war die stillste Zeit des Jahres. Sanft schwebten weiße Flocken vom Himmel und auf den Fensterbänken flackerten die ersten Kerzen. Im kleinen Garten hinter dem Hofhaus baute das Mädchen einen Schneemann. Sie formte sorgfältig den Körper, setzte ihm zwei Knöpfe aus dem Nähkasten ihrer Mutter als Augen ein und den alten braunen Hut ihres Vaters auf den Kopf. Für den lächelnden Mund nahm sie kleine Steinchen und eine Mohrrübe als Nase. Als sie fertig war, trat sie einen Schritt zurück und lächelte. „Ich nenne dich Winterfreund“, sagte sie leise. „Denn das bist du. Mein Freund, der mich durch die kalte Zeit begleitet.“
Von da an ging sie jeden Tag zu ihm hinaus. Sie brachte ihm Kekse, erzählte Wintergeschichten und zeigte ihm, wie man Sterne in den Schnee zeichnet. Manchmal saßen beide einfach nur da. Die Kleine mit der Wollmütze tief im Gesicht, der Schneemann still und schimmernd im Licht der untergehenden Sonne. Ihr Winterfreund sagte nichts, aber das Mädchen spürte, dass er zuhörte. Vielleicht besser, als irgendjemand anders in ihrem Leben.

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Wandel von Verbindungen

Langsam wurden die Tage wieder länger. Kaum sichtbar veränderte sich die Form des Schneemanns Stück für Stück, die Knöpfe sanken tiefer in den Kopf hinein und der Hut geriet in leichte Schieflage. Das Mädchen bemerkte es, denn sie beobachtet ihren Freund ganz genau, und ihr Herz zog sich zusammen. „Bitte bleib noch ein bisschen bei mir“, flüsterte sie. Doch der Schneemann schwieg und lächelte nur. So, wie er immer gelächelt hatte. Sie ging ins Haus zurück und setzte sich an ihren Schreibtisch.
Am Abend brachte das Mädchen dem Schneemann einen Brief, den sie in eine Tüte verpackt und mit einer Kordel umwickelt hatte. Sie steckte ihn in den Schnee, an die Stelle, wo seine Füße hätten sein müssen, wäre er denn menschlich gewesen. „Falls du irgendwann gehen musst, nimm das mit“, sagte sie. „Damit du nie vergisst, wie wichtig du mir bist.“ Sie bliebt bei ihm, bis die letzten Strahlen der Wintersonne am Horizont versanken. Seine Gestalt wurde kleiner, der Körper neigte sich. Und trotz der kalten Kristalle, aus denen er geboren war, strahlte er Wärme aus. Nicht auf der Haut, sondern im Herzen.

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Abschied vom Winterfreund

Das Mädchen ging ins Bett. Am nächsten Tag war der Winterfreund verschwunden. Auf dem feuchten Gras lagen der Hut und die Knöpfe. Das Mädchen ging in die Hocke und sammelte die Dinge auf. Auch ihren Brief. Sie ging in ihr Zimmer, setzte sich aufs Bett und öffnete ihn. Auf dem Blatt stand: „Danke, dass du bei mir warst. Du hast mich durch eine Zeit getragen, die sich ohne dich kälter angefühlt hätte.“ Der Satz klang vertraut, denn es waren ihre Worte, die sie ihm geschrieben hatte. Und doch wirkten sie nun wie eine letzte Nachricht von ihrem Winterfreund an sie. Als habe er den Brief absichtlich zurückgelassen, um ihr zu zeigen, dass sie sein kleines Winterdasein mit Sinn erfüllt hatte. Das Mädchen las die Zeilen wieder und wieder, bis die Buchstaben verschwammen. Dann legte sie den Brief auf die Fensterbank.

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In der Nacht wachte das Mädchen auf und sah hinaus. Draußen im Garten, wo der Schneemann sein Zuhause gehabt hatte, lag ein sanftes Glitzern in der Luft. Wie ein Schwarm kristallener Glühwürmchen, die ein letztes Lächeln formten, zogen sie hinauf und verschmolzen mit der Dunkelheit. Sie dachte an den Winterfreund, an die Stunden im Schnee, an das Lachen, an das Warten, an das Verständnis, an das leise Abschiednehmen. Und sie spürte, dass nichts davon wirklich fort war. Denn manches bleibt, auch wenn es vergeht. Nicht als Form, sondern als wärmendes Licht der Erinnerung.

Aquarellillustration eines Mädchens, das seinem Schneemann einen kleinen Brief schenkt. Ein Symbol aus der Wintergeschichte über Verlust und Hoffnung, wie wir Abschiede annehmen und erkennen, dass manche Verbindungen bleiben, selbst wenn ihre Form vergeht.

Eine Wintergeschichte über Verlust und Hoffnung: Das Mädchen sitzt beim Schneemann „Winterfreund“ und gibt ihm ihren Abschiedsbrief. Ein stiller Moment, der zeigt, dass manche Begegnungen uns wärmen, auch wenn sie nicht für immer bleiben können. Foto: ChatGPT

Meine Gedanken zur Wintergeschichte vom Schneemann

Manchmal glauben wir, dass etwas nur so lange eine Bedeutung hat, wie es physisch bei uns ist. Wir versuchen, flüchtig erscheinende Momente und Begegnungen festzuhalten, damit sie für immer bleiben. Der Winterfreund erinnert daran, dass Abschiede nicht nur schmerzhaften Verlust bedeuten müssen. Er zeigt uns die Bedeutung des Hier und Jetzt, jener Zeit, in der die Verbindung noch besteht. Machen wir uns heute bewusst, wie wertvoll sie ist und schenken ihr die Beachtung, die sie verdient. Und wenn sie vergeht, erinnern wir uns mit einem Lächeln daran, wie reich dieser gemeinsame Abschnitt war. Denn Wärme braucht keine Form, sie ist ein Gefühl. Ja, manche Dinge schmelzen in unserer Welt. Doch ihre Bedeutung bleibt wie ein Licht zurück, das uns ein Leben lang weiter begleitet.

Tarot-Reflexion


Diese Wintergeschichte über Verlust und Hoffnung trägt die Energie der Tarotkarte „Sechs der Kelche“ in sich. Sie lädt dich ein, die Wärme einer Begegnung oder eines Moments nicht erst dann zu sehen, wenn er vergangen ist, sondern genau jetzt, während er noch da ist. Sie erinnert dich daran, wie kostbar die kleinen Augenblicke sind, die später zu dem werden, was dich trägt: liebevolle Erinnerungen, die bleiben, selbst wenn sich die Form verändert.

Aquarellartige Tarotkarte „Sechs der Kelche“: Vor einem hellblauen Hintergrund stehen sechs goldene Kelche in einer pyramidenähnlichen Anordnung. Darüber strahlt ein weißlich-goldener Fixstern mit sanften Lichtstrahlen nach außen.

Diese Nachdenkgeschichte und die Tarotkarte „Sechs der Kelche“ laden dich ein, dir heute die Frage zu stellen: Welcher Moment, welche Verbindung, welche stille Nähe verdient jetzt deine ganze Aufmerksamkeit, bevor sie weiterzieht und zu dem Licht wird, das dich später begleitet?

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